Warum regelmässige Überprüfung kein „Nice-to-have“...
- Julia
- 15. Mai
- 4 Min. Lesezeit
... sondern dringend notwendig ist

Eine Patientenverfügung ist ein mächtiges Dokument.
Sie ist Ihre Stimme, Ihr Wille, Ihre Kontrolle – auch dann, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, sich zu äussern. Aber wissen Sie, was der grösste Fehler ist, den man machen kann? Sie einfach „irgendwann mal“ auszufüllen und dann zu glauben, dass sie für immer gültig ist.
Denn Ihre Wünsche ändern sich. Sie verändern sich mit Ihrem Leben, mit Ihren Erfahrungen, mit den Menschen, die Sie lieben und mit der Medizin, die sich ständig weiterentwickelt. Es ist naiv zu denken, dass die Verfügung, die Sie vor zehn Jahren unterschrieben haben, immer noch genau das widerspiegelt, was Sie heute wollen.
Die Regel: Alle zwei Jahre, auch wenn sich nichts getan hat
In einer perfekten Welt, in der sich Ihr Leben in den nächsten Jahren nicht verändert, könnten Sie Ihre Patientenverfügung theoretisch alle fünf Jahre auf den neuesten Stand bringen – aber wirklich, was spricht dagegen, sie alle zwei Jahre zu überprüfen?
Ja, die Empfehlung ist eindeutig: Alle zwei Jahre sollte Ihre Patientenverfügung auf den Prüfstand. Warum? Weil sich unser Leben ständig verändert – und zwar schneller, als wir es oft wahrhaben wollen. Aber auch wenn es keine dramatischen Veränderungen gibt, sollte Ihre Verfügung bestätigt und mit einem neuen Datum versehen werden. Ein kurzes „Ja, das passt immer noch“ ist besser als „Ich habe das mal unterschrieben… vor Jahren…“
Wann müssen Sie definitiv handeln?
Es gibt Momente im Leben, in denen ein „Ja, das passt“ nicht mehr reicht. Wenn sich Ihr Leben dramatisch verändert, wird Ihre Patientenverfügung zum Thema. Hier ein paar Szenarien, in denen Sie nicht nur Ihre Verfügung durchlesen, sondern auch über eine ernsthafte Überarbeitung nachdenken sollten:
1. Gesundheitliche Veränderungen:
Wenn Sie plötzlich mit einer Diagnose konfrontiert sind, die Ihre Lebensqualität verändert, oder wenn sich Ihr Zustand verschlechtert, müssen Sie sich fragen:
Sind diese Änderungen in meiner Patientenverfügung berücksichtigt?
Denn es gibt nichts Schlimmeres, als festzustellen, dass Ihre Verfügung nicht mehr zu Ihren aktuellen Bedürfnissen und Wünschen passt – besonders in einer Zeit, in der Ihr Zustand Sie dazu hindert, klar zu entscheiden.
2. Veränderungen im persönlichen Umfeld:
Kommen neue Lebensabschnitte – Heirat, Geburt eines Kindes, Verlust eines geliebten Menschen oder eine Trennung – dann wird es Zeit, Ihre Verfügung zu hinterfragen.
Was wollen Sie für Ihre Familie, für die Menschen, die Ihnen am nächsten stehen? Vielleicht möchten Sie jetzt eine andere Person als Vertreter bestimmen. Vielleicht möchten Sie in einem solchen Fall auch andere Massnahmen oder Wünsche festhalten.
3. Geänderte Wertvorstellungen:
Wie denken Sie heute über Ihre medizinische Versorgung und das Leben am Ende?
Sind Ihre Prinzipien und Werte heute die gleichen wie vor Jahren? Vielleicht waren Sie früher gegen lebenserhaltende Massnahmen, aber heute wünschen Sie sich, dass alles für Sie getan wird, was möglich ist. Oder umgekehrt – vielleicht haben Sie durch das Erleben von Krankheit oder Verlust eine ganz andere Perspektive bekommen.
Ihre Werte sind der Schlüssel – und die ändern sich!
4. Medizinischer Fortschritt:
Technologische und medizinische Fortschritte verändern die Behandlungsmöglichkeiten stetig. Was vor zehn Jahren noch als unvorstellbar galt, ist heute Alltag. Diese neuen Möglichkeiten können Ihre Präferenzen beeinflussen – und das muss in Ihrer Patientenverfügung festgehalten werden. Wollen Sie weiterhin keine künstliche Beatmung, wenn es eine neue, weniger invasive Möglichkeit gibt?
Es liegt an Ihnen, darüber nachzudenken.
5. Gesetzesänderungen:
Rechtliche Rahmenbedingungen ändern sich. Auch wenn die Patientenverfügung in der Schweiz grundsätzlich unbefristet gültig bleibt, können neue Gesetze oder Änderungen im Medizinrecht dazu führen, dass Ihre Verfügung überarbeitet werden muss, damit sie weiterhin rechtlich bindend ist.
Praktische Hinweise zur Aktualisierung:
Okay, jetzt haben Sie verstanden, warum es wichtig ist. Aber wie geht man das konkret an?
1. Regelmässig überprüfen – auch ohne grosse Veränderungen:
Auch wenn sich Ihr Leben nicht dramatisch verändert hat, ist es ratsam, alle zwei Jahre nachzusehen, ob alles noch stimmt. Fühlen Sie sich wohl damit, was festgelegt wurde? Dann bestätigen Sie es mit Ihrer Unterschrift und dem aktuellen Datum.
2. Alte Versionen vernichten:
Haben Sie Änderungen vorgenommen? Dann sollten Sie sicherstellen, dass keine alten, ungültigen Versionen in Umlauf sind. Vernichten Sie alle alten Exemplare, und geben Sie nur die neueste Version weiter.
3. Ihre Vertreter und Ihr Hausarzt informieren:
Ändern sich Ihre Wünsche, informieren Sie umgehend die betroffenen Personen. Geben Sie Ihren Vertretern und Ihrem Hausarzt die aktuelle Version der Verfügung. Aktualisieren Sie auch Ihr elektronisches Patientendossier. Deswegen ist es so wichtig, in der Verfügung aufzuschreiben, wer alles eine Kopie davon hat und wo es hinterlegt ist.
Fazit: Ihre Patientenverfügung ist kein „einmal ausfüllen und vergessen“-Dokument
Die Patientenverfügung ist nicht ein Dokument, das irgendwann mal erledigt wird und dann für immer gilt. Sie ist ein lebendes Dokument, das mit Ihrem Leben wächst. Und das bedeutet: Sie müssen sich regelmässig mit Ihrer Verfügung auseinandersetzen, Ihre Wünsche klar formulieren und sicherstellen, dass sie jederzeit umgesetzt werden kann.
Lassen Sie nicht zu, dass eine veraltete Verfügung für Sie im Ernstfall zu Problemen führt. Überprüfen Sie Ihre Verfügung alle zwei Jahre oder wenn sich Ihr Leben verändert – und stellen Sie sicher, dass Ihre Wünsche auch dann respektiert werden, wenn Sie nicht mehr für sich selbst sprechen können.
Ihre Wünsche verdienen es, gehört zu werden – immer.
Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung. Jetzt.
Quellen: sovd-sh, bag.admin, h-och, vorsorgeplaner, meinepatientenverfügung.de, srk-zuerich, Patientenwille, prosenectute, beobachter, samw