Wie Sie mit Ihrer Familie über Ihre Patientenverfügung reden...
- Julia
- 15. Mai
- 4 Min. Lesezeit
... ohne dass alle den Raum verlassen wollen. Sprechen Sie, bevor Sie schweigen müssen –Warum dieses Gespräch wichtiger ist, als viele denken

Es ist der Satz, den niemand aussprechen will: „Wenn mir mal etwas passiert …“
Sofort wird es still. Die Luft wird schwer. Die Augen wandern zum Tisch. Die Tochter tut so, als müsse sie kurz aufs Handy schauen. Der Sohn sagt: „Ach, Mama … bitte nicht heute.“
Aber wissen Sie was? Es gibt keinen perfekten Moment.
Nur den falschen: zu spät.
Deshalb ist es an der Zeit, den ersten Schritt zu machen. Nicht mit Drama, nicht mit Pathos, sondern mit einem klaren Ziel: Sicherheit schaffen – für sich selbst und für die, die man liebt.
Hier ist Ihre Strategie. Direkt. Empathisch. Und ehrlich. So, wie es sein muss, wenn es um etwas so Persönliches wie Ihre Patientenverfügung geht.
Warum dieses Gespräch wichtiger ist, als viele denken
Ihre Patientenverfügung ist geschrieben. Vielleicht haben Sie sie mit Bedacht formuliert, sogar mit professioneller Beratung.
Perfekt.
Aber was bringt das alles, wenn niemand weiss, was drinsteht? Oder schlimmer: wenn niemand weiss, dass es die Verfügung überhaupt gibt?
Die beste Verfügung der Welt schützt Sie nicht, wenn Ihre Familie ratlos danebensteht.
Tipp 1: Suchen Sie sich den richtigen Moment – nicht den erstbesten
Sonntagmittag beim Familienessen? Nein. Zwischen Tür und Angel auf dem Weg zum Flughafen? Auch nicht.
Setzen Sie auf einen ruhigen Rahmen. Vielleicht ein Spaziergang. Ein Kaffee im Garten. Ein Abend, an dem alle wirklich Zeit haben.
Sagen Sie: „Ich habe etwas Wichtiges vorbereitet – und ich möchte, dass ihr es kennt. Es geht nicht um Angst. Es geht um Klarheit.“
Sie werden überrascht sein, wie offen viele reagieren, wenn Sie es nicht dramatisieren – aber auch nicht unter den Teppich kehren.
Tipp 2: Machen Sie klar, worum es wirklich geht
Viele verwechseln Patientenverfügung mit Todessehnsucht. Oder sie denken: „Das ist was für alte Leute.“ Beides ist Unsinn.
Erklären Sie: „Es geht nicht ums Sterben. Es geht darum, wie ich leben möchte – wenn ich es nicht mehr sagen kann.“
Sie nehmen Ihrer Familie damit nicht die Hoffnung. Sie nehmen ihnen die Unsicherheit. Und die ist oft viel belastender als alles andere.
Tipp 3: Reden Sie über Werte – nicht nur über Massnahmen
Niemand fühlt sich wohl dabei, über Schläuche, Maschinen oder Wiederbelebung zu sprechen. Verständlich.
Deshalb beginnen Sie woanders.
Fragen Sie: „Was bedeutet für dich ein gutes Leben?“ Oder: „Würdest du wollen, dass man dich künstlich am Leben hält, wenn keine Aussicht auf Besserung besteht?“
Sprechen Sie über Wünsche, nicht über Technik. Über Vertrauen, nicht über Geräte. Erst dann macht es Sinn, über PEG-Sonden, Beatmung oder Reanimation zu sprechen – falls nötig.
Tipp 4: Hören Sie wirklich zu
Vielleicht sind Ihre Angehörigen überrascht. Vielleicht reagieren sie gereizt. Oder ängstlich. Oder sie blocken ab.
Das ist okay.
Ihre Aufgabe ist nicht, sie zu überzeugen. Ihre Aufgabe ist, sie vorzubereiten.
Lassen Sie Raum für Fragen. Für Zweifel. Für andere Meinungen. Und machen Sie klar:„Ich will nicht, dass ihr entscheiden müsst – sondern dass ihr meinen Willen kennt.“
Tipp 5: Machen Sie es konkret
Sagen Sie nicht nur „Ich hab eine Patientenverfügung.“
Sagen Sie:
„Sie liegt im Notfallordner im Schrank im Wohnzimmer.“
„Meine Hausärztin hat eine Kopie.“
„Ich habe sie vor zwei Monaten aktualisiert.“
„In meiner Verfügung steht, dass ich keine künstliche Beatmung will, wenn ich dauerhaft im Koma liege.“
Je klarer Sie sind, desto sicherer fühlen sich auch Ihre Liebsten.
Tipp 6: Erwachsen mit erwachsenen Kindern reden – kindgerecht mit Kindern
Mit erwachsenen Kindern: Gehen Sie offen und direkt vor. Sie haben ein Recht darauf, zu wissen, wie Sie denken. Und Sie haben ein Recht darauf, dass Ihre Wünsche respektiert werden – ohne Streit im Spitalflur.
Mit jüngeren Kindern: Seien Sie beruhigend. Sagen Sie: „Ich habe geregelt, was passieren soll, damit sich gut um mich gekümmert wird – und damit du sicher bist.“
Kinder spüren Unsicherheit. Sie verdienen liebevolle Klarheit, keine Panik.
Tipp 7: Wiederholen Sie das Gespräch – regelmässig
Das Leben ändert sich. Ihre Sicht auf das Leben auch. Und damit möglicherweise auch Ihre Verfügung.
Deshalb: Sprechen Sie alle zwei Jahre erneut mit Ihrer Familie. Fragen Sie: „Erinnert ihr euch noch an meine Wünsche?“ Oder: „Ich habe etwas angepasst – ich möchte, dass ihr das wisst.“
So halten Sie nicht nur Ihre Verfügung lebendig – sondern auch das Vertrauen in Ihrer Familie.
Fazit: Schweigen schützt nicht – Reden schon
Die Patientenverfügung ist nur ein Teil Ihrer Vorsorge. Der andere – der viel schwierigere, aber entscheidendere – ist das Gespräch.
Wer es nicht führt, lässt andere im Dunkeln. Und das ist nicht fair. Nicht gegenüber sich selbst. Und nicht gegenüber den Menschen, die man liebt.
Sie müssen nicht alles auf einmal sagen. Aber Sie müssen anfangen.
Und wenn Sie nicht wissen, wie: Ich begleite Sie gerne. Als zertifizierte ACP-Beraterin, Intensivstations-Fachperson unterstütze ich Sie dabei, Ihre Patientenverfügung zu erstellen – und das Gespräch dazu zu führen.
Damit Ihre Familie vorbereitet ist – und nicht überrascht. Damit Ihre Wünsche zählen – nicht geraten werden. Und damit Sie nicht schweigen müssen, wenn es wirklich wichtig wird.
Buchen Sie Ihr Gespräch. Jetzt.
Quellen: Patientenverfügung.digital, affilio, Verbraucherzentrale, ndr, Anwalt.org, Selters, Beobachter, prosenectute